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Dog Blog
Erzählungen aus dem Hundetraining und dem Leben mit meiner Tierschutzhündin Anni

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In diesem Blog möchte ich Euch mehr über meine tägliche Arbeit und zu speziellen Themen wie Training mit Angsthunden, Alltagssituationen, unserem Trainingskonzept & Philophosie, sowie vielem mehr erzählen.

Jeder Hund ist anders und einzigartig, so wie wir Menschen.  

Die tägliche Herausforderung mit all den unterschiedlichen Charakteren zusammen zu arbeiten, ist jedes Mal aufs Neue eine schöne Erfahrung. Und von jeder dieser Erfahrungen lernen wir und es bringt uns weiter. 

Hier erfahrt ihr aus meiner Sicht die Eindrücke und Alltagssituationen aus der Hundeschule und meinem Alltag mit einem unsicheren, ängstlichen Hund.

Alles beruht auf meinen Erfahrungen und Erlebnissen und ist keine Patentlösung, Bewertung oder Ratgeber!

Im Zusammenleben und -wachsen mit Anni wird mir jeden Tag bewusst, dass

Geduld, Verständnis, Humor, Selbstkritik, Mut zur Veränderung, eine gewaltfreie und körpersprachliche Kommunikation, das Erkennen und Erfüllen von Bedürfnissen,  und Empathie

und sicherlich noch vielem mehr der Schlüssel zu unserem Erfolg sind.

Ich wünsche Euch viel Spaß beim Lesen.

Das Leben mit meiner Tierschutzhündin Anni

Das Internet ist gefüllt mit Annoncen mit Hunden aus dem In- und Ausland.

Der eine schaut traurig durch die rostigen Gitter des Shelters, der andere rennt freudig aufgeschlossen umher oder liegt eingekringelt auf dem kalten, nassen Boden. Unterstützt wird dieser Anblick noch durch einen auf die Tränendrüse drückenden, herzzerreißenden Text, der die Not und den sehnlichen Wunsch nach einem neuen Zuhause dieser Fellnasen beschreiben soll.

Wer bekommt da nicht das Gefühl dieses süße Wesen adoptieren zu wollen, um ihm ein besseres Leben zu ermöglichen?

Wochenlang habe ich viele Tierheim- und Tierschutz-Seiten besucht, den ein oder anderen Favoriten vor Ort besucht; und ich hätte sie alle mitnehmen können. Aber irgendwie hat mir immer dieser letzte Funke gefehlt, das gewisse Etwas.

Doch eines stand von Anfang an fest:

Es sollte kein Welpe oder zu junger Hund sein und ich wollte eine spezielle Aufgabe haben ~ der Hund darf also gerne ein Päckchen mit sich tragen.

Als ich dann die Privatvermittlung von Anni sah, konnte ich sie noch am selben Tag kennenlernen.

Der Spaziergang allerdings war alles andere als ein Kennenlernen, spielen und beschnuppern, so wie man sich das dann im Vorfeld ausmalt.

Das belebte Wohngebiet jagte ihr so viel Angst ein, dass meine Anwesenheit noch ein zusätzlicher Ballast war. Nach einigen Metern war Schluss, Anni legte sich hin und hätte sich wahrscheinlich zu gern unsichtbar gemacht.

Auch in der gewohnteren Umgebung war sie nicht zugänglich oder mir gegenüber aufgeschlossen. Sie schien irgendwie verloren und in einer völlig anderen Welt ~ der Welt voller Angst, negativer Erfahrungen und ohne Halt.

Ich ging nach Hause und war überzeugt davon, dass sie mich nicht mal wahrgenommen hatte…

Ein paar Tage später, nachdem ich mir viele Gedanken über sie gemacht hatte, besuchte ich sie wieder auf ihrer Pflegestelle, denn ein kleiner Funke war schon auf mich über gesprungen.

Sieben Hunde begrüßten mich aufgeregt, bellend und drängten sich an der Treppe zu mir vor.

Nur eine stand ruhig, aber freundlich wedelnd im Hintergrund. Ihr ganzer Körper wackelte, ihre Augen waren klein, wirkten ein bisschen traurig und ich erinnere mich an ein schüchternes, zurückhaltendes Grinsen.

Da war es: das gewisse Etwas, nach dem ich gesucht habe.

Und ja…. Sie wusste ganz genau wer ich bin und warum ich da bin.

Viele denken, der Hund ist dankbar für sein neues Zuhause und endlich glücklich dort, wo es so liebevoll für den Vierbeiner vorbereitet wurde.

Der Weg dorthin ist allerdings oft ein langer, anstrengender Prozess…

Und Hunde zeigen ihre Dankbarkeit nicht so, wie wir Menschen es tun oder uns das manchmal wünschen oder vorstellen.

Dass die meisten Hunde es gar nicht kennen in einem Haus oder Wohnung zu leben, da sie auf der Straße, Müllhalde, Wald oder auf dem Feld o.ä. ihr Leben begonnen und bestritten haben, Gewalt und Traumata erleben mussten, wird sehr oft unterschätzt oder durch die ganze Vorfreude erst gar nicht bedacht.

Die Ernüchterung folgt dann meistens in den ersten Tagen/Wochen nach Ankunft im neuen Zuhause.

Die Tierschutzhunde verkriechen sich, sind schüchtern und ängstlich, sodass erstmal kein sozialer Kontakt zustande kommt.

Oder sie fühlen sich eingeengt, bedrängt und möchten am liebsten flüchten. Ist dies nicht möglich, führt es schnell zu Überforderung und äußert sich durch ein für uns unerwünschtes Verhalten.

Geschirr oder Halsband anziehen? Autofahren oder ins Restaurant gehen? Fehlanzeige , geschweige denn an der Leine laufen, anderen Hunden/Menschen begegnen u.v.m

Bei uns war es anfangs nicht ganz so schlimm …

Bis ich zum ersten Mal ganz unbedacht aus reiner Routine heraus den Rolladen runter ließ, die Waschmaschine und der Geschirrspüler liefen und diverse andere Geräusche aus dem Alltag hinzu kamen.

Die erste Aufgabe war offensichtlich:

Geräuschtraining und ihr jedes Objekt dazu zeigen - draußen wie drinnen! Außer den Staubsauger, den kannte sie schon gut.

Draußen zeigte sich das Szenario des ersten Spaziergangs wieder.

Wir kamen keine 10 Meter weit, das Nötigste wurde auf der Grünfläche vorm Haus erledigt, wenn überhaupt.

Balkone und dazu noch Menschen darauf waren der blanke Horror, Männerstimmen oder Männer in der Nähe konnte sie nicht ertragen, laute Musik aus fahrenden Autos, der Knall aus den getunten Motoren ließen sie regelrecht erstarren.

Was für uns das Normalste der Welt ist, muss dem Tierschutzhund langsam und positiv beigebracht werden. Das kann überfordernd und frustrierend sein, man stößt an seine Grenzen und nicht selten ist man total verzweifelt und ratlos, denn der Alltag ändert sich vom ersten Tag an.

Schließlich wollen wir doch nur das Beste für unser neues Familienmitglied.

Ihn von Beginn an überall mitnehmen, ihm alles zeigen und am Familienalltag teilhaben lassen. Für uns, die das kennen und daran gewöhnt sind, kein Problem.

Für die Hunde, die tobende Kinder, Straßenverkehr, Waschmaschine und Co. noch nie hautnah erlebt haben ~ eine Katastrophe!

Man nennt dies:

Deprivation

Ein Fehlen, Verlust oder Isolation von etwas Vertrautem.

Das ist bei Tierschutzhunden zum einen die soziale Komponente (kein Kontakt zu Artgenossen und/oder Menschen), zum anderen die Emotionale (Mangel an Fürsorge, Liebe, Geborgenheit etc). Aber auch bei der Sensorik gibt es diese Syndrome. Hier haben die Hunde kein weites Spektrum an Geräuschen, visuellen Reizen oder was alles unseren menschlichen Alltag ausmacht erlernt bzw. gute Erfahrungen damit gemacht.

So passiert es tagtäglich, dass gegen den vorbeifahrende Bus oder LKW gesprungen und gebellt wird, die Zähne gezeigt werden in Hundebegegnungen und die Flucht beim leisesten Geräusch ergriffen wird.

Ich habe mir von Beginn an professionelle Unterstützung geholt, um möglichst schnell und effektiv ans Ziel zu gelangen.

Genau das wurde uns zum Verhängnis und hatte zur Folge, dass es eher schlimmer als besser wurde, denn aversiv mit einem traumatisierten Tier zu arbeiten macht alles andere als Sinn.

Nach der dritten Stunde brach ich die Zusammenarbeit ab, denn mit Gewalt wollte und werde ich nicht trainieren und leben können.

Ich fand eine Hundeschule die mit positiver Verstärkung arbeitet. Dort habe ich dann auch meinen praktischen Teil der Ausbildung zur Hundetrainerin absolviert.

Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen sagt man so schön.

Meine Geduld wurde auf eine harte, lange Probe gestellt, mit dem Nebeneffekt, dass ich heute mehr als geduldig bin und das auch im Alltag super nutzen kann.

Zunächst übte ich ohne Ablenkung, ohne Reize und zuhause in sicherer Umgebung und mit vielen erfolgreichen Wiederholungen und zahlreichen Einzelstunden, um eine angenehme Trainingsatmosphäre in gewohnter Umgebung zu haben.

Allmählich konnte ich kleine Erfolge feiern und weitere kleine Schritte vorwärts gehen, denn Anni vertraute mir durch die Erfolgserlebnisse immer mehr und wurde nach und nach aufgeschlossener, sodass wir kleinschrittig das Gelernte nach draußen transportieren konnten.

Es hat jedoch knapp 2 Jahre gedauert, bis sie anderen Hunden gegenüber ihre Meinung äußerte oder mal bellte, wenn es an der Türe geklingelt hat. Die Zeitspanne wird einem erst dann in einer solchen Situation bewusst.

Auch heute und für die Zukunft sollte man sich bewusst sein, dass ein deprivierter Hund eine lebenslange Aufgabe ist.

Jeder Tag ist ein neuer, ein anderer Tag. Was gestern gut lief, kann heute schon wieder ganz anders sein. Jeder Tag ist ein Trainingstag und wir Menschen lernen eine neue Sprache. Diese erfordert Vokabeln lernen ~ nonverbale Worte, die sich in der Körpersprache und im Verhalten zeigen.

Kleine Erfolge werden bei uns deshalb groß gefeiert und die Ansprüche zunächst zurück geschraubt.

Mittlerweile kann ich mit ihr so vieles erleben und neu dazu lernen.

Ich entdecke noch heute ganz neue Seiten und Vorlieben an ihr. Das kann ich wunderbar in unseren Alltag integrieren. 

Sie hat sehr viel Spaß an Hundefitness, Denksport, Fährtensuche und Interaktionen mit der Umwelt - ja ihr habt richtig gelesen. Wo sie sich anfangs unsicher und ängstlich gefühlt hat, möchte sie heute gerne hin und die Umgebung erkunden. Unsere Umwelt verändert sich oft und schnell, neue Gebäude oder Objekte stehen plötzlich auf der gewohnten Gassirunde. Dies gemeinsam zu erkunden und ins Training mit einzubeziehen stärkt ihr Selbstbewusstsein und das Erkundungsverhalten immer mehr. Es erleichtert ihr und mir den Alltag, denn wir gehen gemeinsam durch die Situation und sammeln dabei ganz viele positive Erfahrungen, ohne Druck, ohne Stress und ohne Gewalt!

Es ist wie in einer Beziehung:

Es braucht Zeit sich kennen zu lernen, sich zu vertrauen, sich Fehler einzugestehen und ab und zu mal den Spiegel vorgehalten zu bekommen, auch wenn es weh tut... Und darin sind unsere Fellnasen sehr gut. Sie werfen einem nichts vor oder tragen es einem nach, aber sie zeigen uns durch ihr Verhalten , was gerade gut ist und was gerade schlecht ist. Das kann oft hart sein und einen an die Grenzen bringen, gehört jedoch zum Leben mit einem Hund dazu.

Natürlich gibt es auch unzählige schöne Momente und Phasen! Auf diese lege ich meinen Fokus und wir genießen es zusammen.

So schauen stolz auf fünf Jahre voller Höhen und Tiefen zurück. Ohne diese Erfahrungen wären wir heute nicht hier , wo wir sind.

Social Walks

Social Dog Walks sind positiv verstärkte, angeleinte oder unangeleinte Gruppen-Spaziergänge mit verschiedenen Hund-Mensch-Teams.

 

Solche Walks bieten eine Vielfalt an Trainingsmöglichkeiten und hilft uns als Hund-Mensch-Team gemeinsam an unseren Stärken und Schwächen zu arbeiten, Sicherheit und Selbstbewusstsein zu verstärken, vergangene, negative Lernerfahrungen zu revidieren und eine schöne Zeit mit unseren Fellnasen zu verbringen, und somit die Bindung stärken, aufbauen oder wiederherstellen.

 

Je nach den Trainingsstand und Problemstellungen der Teilnehmer:innen werden unterschiedliche Schwerpunkte trainiert:

 

- Leinenführigkeit ohne Leinenruck oder körperliche Einwirkung

- Begegnungstraining (mit oder ohne Kontakt – siehe jeweilige Programmbeschreibungen)

- Impulskontrolle und Frusttoleranz

- hündische Kommunikation und Körpersprache – nonverbales Kommunizieren

- menschliche Körpersprache

- Alternativverhalten

- Interaktionen mit der Umwelt – hier werden Umwelt- und Objektängste gelindert und Alternativen für schwierige Alltagssituationen aufgebaut

- bedürfnisorientierte Auslastung

- Hundefitness zur Verbesserung des eigenen Körpergefühls, der Mobilität und zur Gesundheitsprävention

- gemeinsamer Erfahrungsaustausch

- Hundekontakt einschätzen und ggfs. Intervenieren (bei unangeleinten Social Walks – siehe Programmbeschreibung)

- Spielverhalten und Hundespiel beobachten und beurteilen (bei unangeleinten Social Walks – siehe Programmbeschreibung)

 

Gemeinsam üben wir, unsere Emotionen als Hund-Mensch-Team in unterschiedlichen Alltagssituationen zu erkennen und zu verstehen, aber auch die der anderen einschätzen zu können, sowie die Körpersprache aller zu lesen und wie man in solchen Momenten am besten reagieren und handeln kann.

 

Auf allen unseren Gruppen-Spaziergängen tragen die Hunde ein Geschirr und wir interagieren niemals aversiv.

In allen Kursen und Veranstaltungen werdet ihr keinerlei körperliche und verbale Gewalteinwirkungen wie Leinenruck, Blockieren oder einen scharfen Ton erleben.

Unser Fokus liegt auf dem erwünschten Verhalten, welches verstärkt und gefördert wird.

Wir alle sind unterschiedlich und individuell, sodass wir nicht nach Schema F trainieren, sondern bedürfnisbezogen miteinander arbeiten.

 

Positive Verstärkung
 

Nach wie vor scheiden sich die Geister, wenn es um das Thema Hundeerziehung / Hundetraining geht.

Manch einer nutzt noch die alte Schule und setzt auf das strafbasierte Training, was gerne mit dem Thema Dominanz und Rüdelführung begründet wird und einfach nur pure Unterdrückung und Unterordnung mit sich bringt.

Andere haben sich dafür entschieden, den Fokus auf das erwünschte, richtige Verhalten zu legen und dies auch positiv zu verstärken (belohnen).
Eine tierfreundliche Art und Weise, die keinerlei Bestrafung vorsieht.

Doch was bedeutet positive Verstärkung eigentlich?

Als erstes kommt Vielen in den Sinn, dass hier nur Kekse fliegen und der Hund mit Futter gelockt und/oder sogar bestochen wird.

Wir haben jedoch so viel mehr Möglichkeiten, ein Lob auszudrücken, durch Verbalisierung, Kuscheln, spielen, ein Verhalten, was der Hund gerne zeigt ausführen zu lassen, oder eben das Futterlob.

Verbales Loben ist jederzeit erlaubt, denn nicht nur unsere Hunde, auch wir Menschen zeigen immer Verhalten, so kommunizieren Mensch und Hund mit ihren Verhaltensweisen und reagieren damit auf deren Umgebung. Ein kurzes Feedback, ob wir unsere Sache gut gemacht haben ist doch eine nette Geste.

Um unseren Fellnasen zu verdeutlichen, dass das gerade gezeigte Verhalten das Richtige / Erwünschte ist,

fügen wir etwas Positives (Keks, Spiel, Verhalten, Streicheleinheit etc.) hinzu.

Umso freiwilliger die Verhaltensweisen von den Hunden gezeigt und durch unser Lob verstärkt werden, desto öfter werden diese auch folgen – ganz ohne Bestechung oder Locken, denn das Verhalten lohnt sich aufgrund der darauffolgenden, individuellen Belohnung(en).

Unerwünschtes Verhalten blenden wir somit aus und fördern dadurch eine vertrauensvolle, harmonische und bedürfnisorientierte Bindung.

War oder ist es bei uns Menschen nicht auch so?

Ich erinnere mich zurück als ich noch klein war, an die langen Autofahrten oder Flüge in den Urlaub.
Wie habe ich diese nur durchgehalten? Mit meinem Lieblingsbuch oder Hörkassette fiel es mir deutlich leichter und machte das ganze angenehmer. Auch Mamas selbstgemachte Pausenbrote mit dem Lieblingsbelag drauf waren eine Motivation, mich auf etwas Angenehmes zu freuen und auch etwas Positives an der langen Reise zu sehen.

Hätte es nur Ärger, Kritik oder Verbote gegeben, wäre die Reise sicher unangenehm und angespannt verlaufen.

Und wie sehen das unsere Vierbeiner? Ich behaupte mal: Genauso…

Schauen wir uns das mal am Beispiel Leinenführung an:

Ziel ist es, einen entspannten Spaziergang zu erleben.
Ein Gegenziehen oder Leinenrucken bringt uns hier überhaupt nicht weiter, denn zum einen kann unser Hund nicht wissen was wir damit ausdrücken / kommunizieren wollen, zum anderen wirken wir körperlich unangenehm auf ihn ein - und Druck erzeugt immer Gegendruck, sodass wir am Ende nur noch mehr Konflikt (e) haben.
Wir müssen demnach unseren Begleitern im richtigen Moment / im richtigen Verhalten die Bestätigung geben – sprich: die Leine ist locker und der Hund erhält dafür eine Belohnung – eine positive Verstärkung des gezeigten Verhaltens.

Das ist zu Beginn mühsam und zeitintensiv, denn wir müssen aufmerksam sein, um jede noch so kleine Sekunde der lockeren Leine einfangen zu können. Aber es lohnt sich… Wir haben das Laufen auch nur Schritt für Schritt und mit viel Lob für ein Sekündchen Stehen gelernt. Hätten wir nur Lacher und Kritik geerntet, hätten wir es längst nicht so oft wieder versucht und die Freude am noch so kleinen Erfolg wäre auf der Strecke geblieben.

Zurück zum Futterlob…

Futter ist eine Ressource, etwas Essentielles.
Essen macht glücklich und kann dadurch die Emotionen im Bezug auf etwas Unangenehmes ändern.

Essen motiviert, erwünschtes Verhalten erneut zu zeigen, steigert die Aufmerksamkeit und erleichtert eine positive Kommunikation. Essen und kauen wirkt in Stresssituationen zudem entspannend.

Meine traumatisierte Tierschutzhündin war anfangs total verunsichert in Ihrer neuen Umgebung.
Ein vorbeifahrender LKW jagte Ihr Angst und Schrecken ein, d.h. sie verknüpfte dieses fahrende Objekt mit Stress und negativen Emotionen, sodass sie schon frühzeitig Verhalten zeigte wie, den Kamm stellen (sog. Piloerektion), in die Leine springen und dagegen bellen was das Zeug hielt.

Meine Aufgabe war es, diese Situation schon vor dem eigentlichen Verhalten zu erkennen und zu entschärfen, um den negativen Bezug zu verändern und ein besseres Gefühl währenddessen zu erzeugen.
Nun half ihr weder streicheln, denn sie hatte zu Beginn auch Schwierigkeiten mit menschlicher Nähe in Stress-Situationen, noch spielen, da sie keinerlei Interesse am Stöckchen werfen o.ä. hat.

Ich hatte nun die Optionen belohnende Verhaltensweise oder den altbewährten Keks.
Wenn aber kein Mauseloch zum Buddeln am Gehweg zu finden war, blieb mir nur noch die Option Keks oder Schlecktube.
So oft es möglich war, haben wir die Distanz zum Auslöser (LKW) vergrößert (Straßenseite gewechselt, in einer Einfahrt/Weg gestanden etc. was uns die Umwelt gerade bieten konnte).

Die Schlecktube hat gleich mehrere Vorteile: das Schlecken beruhigt, lenkt den Fokus für eine längere Phase auf die Belohnung und der tolle Geschmack (hier ihr Favorit Lachscreme) verändert gleichzeitig das Empfinden in dieser Situation.

Was hätte mir hier der Leinenruck oder das Meckern gebracht? Nix!
Füge ich Negatives (Schreien, Schlagen, Zerren an der Leine etc.) zu etwas Negativem (LKW) hinzu, vermehre ich damit nur die Stress-Symptome und mein Hund ist in Folge dessen weniger lernfähig und verknüpft mich als zusätzlichen Stressor.
Bestrafung ist im Training und vor allem in Angst/Stressmomenten äußerst kontraproduktiv.
Statt zu bestrafen schaue ich, dass ich das Verhalten und die Ursachen dafür kenne, erkenne und verstehe, dann kann ich manches viel früher ein- und abschätzen, gezielter reagieren und meinen Hund unterstützen oder sogar einige unangenehme Augenblicke vermeiden.

Denn wie bereits erwähnt:


Verhalten ist immer eine Reaktion auf einen Auslöser, sei es Mensch, Tier, Objekt oder Geräusch (positiv wie negativ) und möchte uns immer etwas sagen.

Ich könnte noch stundenlag über dieses Thema philosophieren, denn ich habe bestimmt nicht alles vollständig berücksichtigt.

Um es aber kurz zu machen:
Es soll Euch lediglich einen tieferen Einblick in meine Philosophie und Arbeitsweise geben, ohne Euch zu beratschlagen oder etwas aufdrängen zu wollen.

Reminder:

 

Belohnung und Strafe - positiv und negativ sind hier im mathematischen Sinn zu verstehen:

Positive Belohnung / Verstärkung = etwas Angenehmes hinzufügen → Gefühle: Glück, Freude etc.

Negative Belohnung / Verstärkung = etwas Unangenehmes wegnehmen → Gefühl: Erleichterung

Positive Strafe = etwas Unangenehmes hinzufügen → Gefühle: Schmerzen, Unsicherheit, Angst

Negative Strafe = etwas Angenehmes wegnehmen → Gefühl: Frust, Wut, Enttäuschung

Positiv wird hier im additiven Sinne gewertet (etwas hinzufügen / addieren)

Negativ ist im subtraktiven Sinne gemeint (etwas wegnehmen / subtrahieren)

Und da Mathe nicht gerade mein Lieblingsfach ist, schließe ich hiermit ab und hoffe, dass Euch dieser Blogbeitrag gefallen hat.

Ruhe und Schlaf

Im Oxford English Dictionary wird Schlaf so definiert:

"Ein Zustand von Körper und Geist, der sich typischerweise jede Nacht über mehrere Stunden wiederholt, bei dem das Nervensystem inaktiv ist, die Augen geschlossen sind, die Muskeln entspannt sind und das Bewusstsein praktisch ausgesetzt ist".

Schlafen ist eine schöne und essenzielle Sache, denn in dieser Phase passieren folgende Dinge:

1. Regeneration von Körper und Geist

Der Schlaf gibt unserem Körper die Möglichkeit sich zu erholen, und das Immunsystem zu stärken.

2. Entspannung/Erfrischung
 

Mit Schlaf verschafft sich unser Körper eine natürliche Grenze!
Denn wir alle brauchen eine Erholungsphase, sodass wir auch am nächsten Tag wieder produktiv, aktiv und erfolgreich sein können.

Ganz im Gegenteil zum Gehirn, das während des Schlafes aktiv ist und auf Hochtouren arbeitet:

3. Erinnerungen kategorisieren und festigen

Im Schlaf verarbeiten wir das Erlebte in der Wachphase und ordnen dies in positive wie negative Erfahrungen ein und festigen das Gelernte, sodass wir im Wachzustand darauf zurückgreifen können.

Wird Schlaf gestört oder ist er unzureichend, dann können daraus massive Fehlverknüpfungen entstehen, welche sich durch Verhaltensauffälligkeiten wie Unruhe, Nervosität, Aufregung, Reizempfindlichkeit, Aggression etc. widerspiegeln.

Ein erwachsener Hund benötigt zwischen 15 und 20 Stunden Schlaf/Ruhe am Tag (je nach Aktivität), Welpen bis zu 22 Stunden und kranke/alte Hunde ebenso. Das bedeutet nicht, im Tiefschlaf zu sein, sondern auszuruhen, reizfreie Perioden zu verleben, Ruhe zu haben und ungestört dösen und entspannen zu können. Idealerweise an einem ruhigem Rückzugsort, der von allen Familienmitgliedern respektiert wird und nicht inmitten des Geschehens liegt.

Jeder hat bestimmt schon einmal die Erfahrung gemacht, übermüdet und nicht ausgeschlafen zu sein.

Der Tag ist so zusagen im Eimer, denn produktiv und aktiv ist man an solchen Tagen überhaupt nicht. Im Gegenteil; man ist einfach nur unkonzentriert, reizbarer, körperlich und geistig inaktiver, kraft- und antriebslos und nicht konfliktfähig.

Unseren Hunden geht es nicht anders.
Ist Ruhe- und Schlafmangel ein Dauerzustand bedeutet dies, dass unser Körper und Geist unter Dauerstress stehen, was langfristig zu gesundheitlichen Schäden führt und das Lernverhalten und Lernbereitschaft stark beeinträchtigt.

Wie schon in unserem Kursprogramm beschrieben ist es wichtig, nicht nur nach einem erlebnisreichen Tag / Training zur Ruhe zu kommen.
Schaffen das unsere Hunde nicht von allein, müssen wir sie unterstützen und die optimalen Voraussetzungen dafür schaffen.
Die ständige Wachsamkeit, Angst etwas zu verpassen, uns ständig begleiten zu wollen oder oft in Alarmbereitschaft zu sein, weil die Ruhe oder der Schlaf gestört werden könnten, sollten wir verändern.
Diese innerliche Unruhe und Nervosität blockiert die Entspannung und verhindert den so wichtigen Schlaf.

Ein ruhiger, störungsfreier Rückzugsort und tägliche Ruhezeiten, in denen nichts passiert, bilden die Basis für einen gesunden und erholsamen Schlaf.
Ein gemütliches Bett, Decke oder Schlafhöhle runden die Entspannungszeiten ab.

Mit Entspannungstraining gelingt es uns, die Ruhe und einen entspannteren Schlaf zu fördern.
Unterstützend können Düfte, Farben oder bestimmte Edelsteine hinzugezogen werden.

Ein ausgeglichener und ausgeschlafener Hund kann den Alltag besser meistern, das Hundetraining effektiver und erfolgreicher annehmen und umsetzen und so manche Verhaltensweisen ablegen.

Vor- und Nachwirkungen Silvester

Ein paar Tage ist das neue Jahr nun alt – endlich hat die Knallerei ein Ende… Denkste!

Tagsüber herrscht Ruhe vor dem Sturm; dieser zieht dann aber ab Beginn der Dämmerung auf – gefühlt alle fünf Minuten. Den „richtigen“ Zeitpunkt zum Rausgehen zu finden ist fast unmöglich und erschwert uns den Alltag enorm.

Um es auf den Punkt zu bringen: Ab ca. 17 Uhr ist Schluss mit letzter Runde, oder es wird zu einer aufwändigen Suche nach einem „stillen Örtchen“. Da ist man dann guter Dinge, wenn der Hund trotz aller Ängste aus dem Auto steigt, weil’s halt dringend ist und drückt und auch mal ein paar Minuten ruhig war – bis der nächste Böller gezündet wird.

Von lösen und entspannt einen Abendspaziergang machen oder gemütlich zuhause kuscheln, sind wir in den Tagen - vor und nach Silvester - weit entfernt.

Ab dem Tag des Feuerwerks-Verkaufs ändern sich unsere Tagesabläufe radikal und es ist eine unglaubliche Organisation, mit einem ängstlichen Hund rauszugehen, denn Anni hat eine

Geräuschphobie:

Im Gegensatz zu einer Angstreaktion, die völlig normal und überlebenswichtig ist, und sich durch ein kurzes Erschrecken bei z.B. Böllergeräusch äußert. Stellt der Hund dann fest, dass weiter aber nichts passiert, beruhigt er sich auch daraufhin wieder.

Eine Phobie erkennen wir u.a. an folgendem Verhalten:

Freeze (einfrieren, vor Schreck erstarren)

Flight (flüchten)

Faint (Ohnmacht, erlernte Hilflosigkeit) ähnlich dem Freeze

(In anderen Konfliktsituationen (z.B. Hundebegegnungen) ergeben sich noch Flirt (herumalbern, aufdrehen) und Fight (Kampfbereit, Angriff als Verteidigung))

Viele Hunde urinieren oder koten sich auch ein, eine unwillkürliche Reaktion des Körpers, die das Ausmaß der Phobie noch verdeutlicht.
Das ist Anni zum Glück noch nie passiert. Es ist wahnsinnig wie lange sie alles zurückhalten kann. An unseren ersten beiden Silvestern waren es zwischen 15 und 17 Stunden!
Allerdings zittert und hechelt sie sehr stark, verkriecht sich in eine ihrer Höhlen, speichelt und hat die Augen weit aufgerissen.

Angst wird nicht nur durch traumatische Ereignisse (und davon gab es bei Anni bestimmt einige in der Vergangenheit), sondern auch durch aversive Trainingsmethoden verursacht.
Auch ein Mangel an Umweltreizen in der Entwicklungsphase (Deprivation) zeichnet sich später in Angstzuständen bei Konfrontation mit unserer komplexen Umwelt ab. Genetische Veranlagungen und unbewusste Verstärkung durch uns Hundemenschen sind weitere Ursachen von Ängsten.

Das Geräusch- und Entspannungstraining während des Jahres hat uns aber schon viel geholfen und dazu beigetragen, dass dieses Jahr der Krach besser zu ertragen war.

In den ersten Jahren konnte es Anni nicht mal an einem ihrer Rückzugsorte aushalten, lief hechelnd, zitternd, fiepsend durch die Wohnung oder wollte aus der Wohnung flüchten, was bei mir natürlich auch erstmal eine Hilflosigkeit, Nervosität und Überforderung hervorgerufen hat.

Trösten, ansprechen oder Futter wurde vehement abgelehnt, sie ließ sich auf nichts und niemanden ein.

Nun liest man immer gerne Ratgeber, dass man Hunden zur Beruhigung einen Kong oder Kauknochen geben kann, ein sogenanntes „Thundershirt“ anziehen oder die Hunde richtig auslasten soll damit sie müde sind, Entspannungstraining mit ggfs Düften oder Musik oder gar irgendwelche „Cocktails“, die den Hund ruhiger machen sollen etc.

Uns konnte vieles davon leider nicht helfen, weil es einfach in diesem emotionalen Zustand nicht funktioniert.

Eine gute Vorarbeit, um den emotionalen Bezug zu einer Stress-Situation zu verändern, ist auch heute noch an unserer Tagesordnung, denn eine Geräuschphobie kommt selten allein.

Normalerweise ist Futter die allerbeste Belohnung für sie – an Silvester könnte ich ihr ein 5-Gänge-Menü hinstellen, sie würde es nicht anrühren (sobald sich der Organismus aber beruhigt hat jedoch schon).

Ein enganliegendes Shirt oder Bandagen haben wir bereits bei Gewitter angewendet, allerdings zeigte sich auch hier keinerlei Erfolg, im Gegenteil, sie versuchte sogar das Ding an ihrem Körper loszuwerden. Deshalb hilft auch kein Umarmen, Halten oder Streicheln, denn jegliche Art von Körperkontakt mag sie nicht.

Außer das Pfote halten!


Ich biete ihr dazu meine offene Hand/Hände an und mittlerweile weiß sie, dass ich nur die Pfoten halte ohne weitere Streicheleinheiten, sodass sie mir meistens dann ihre Pfote(n) freiwillig gibt. Je nach Intensität des Feuerwerks drückt sie auch mal ihre Krallen fester in die Handfläche. Ein Schmerz, den ich gerne aushalte, denn dieser ist weit aus geringer als der seelische, welchen sie in diesen Stunden spürt.

Nachdem ich alle körperlichen Zuwendungen versucht habe und schon schier am Verzweifeln war, fand ich durch Zufall heraus, dass dies das Einzige ist, was Anni in solchen Ausnahmezuständen akzeptiert.

Wie haben wir nun den Jahreswechsel verbracht:

Zuhause logischerweise…

Am Morgen waren wir, solange es ging, unterwegs und haben uns beschäftigt. Den Abend verbrachten wir dann im Schlafzimmer, in dem eine ihrer Höhlen steht. Die Rollläden blieben geschlossen und der Fernseher lief lauter als sonst. Eine halbwegs entspannte Atmosphäre mit Kerzen und Entspannungsduft (auch im Vorfeld konditioniert) geschaffen. Über der Höhle (eine Stofftransportbox) liegt eine Bettdecke, um etwas mehr Geräuschdämmung zu erreichen (wahrscheinlich nur psychisch, aber allein das beruhigt ja auch schon). Auch ich habe es mir vorsorglich auf dem Boden gemütlich hergerichtet, sodass ich mich entspannt auf sie konzentrieren kann, wenn’s losgeht. Ansonsten liege ich im Bett, sodass sie mich sehen kann. Ich sitze nicht permanent vor ihrem Rückzugsort, denn zwischendurch, wenn es mal eine Knallpause gibt, schläft oder döst sie mittlerweile sogar, kommt auch mal aus der Höhle raus, bis es wieder kracht.  Daraufhin haben wir auch lange trainiert, mit Entspannungssignal, Entspannungsduft, der eigenen, entspannten Ausstrahlung und dem geeigneten Platz dafür (siehe Blogbeitrag „Ruhe und Schlaf).


Denn wo ich mich nicht wohl fühle, da kann ich mich nicht entspannen.


Das bedeutet, dass auch dies in unserem Alltag ein fester Bestandteil ist. In diesem Raum hat Ruhe und Entspannung Priorität und dorthin zieht sie sich auch gerne mal allein zurück zum Schlafen oder Chillen.

Auch ich musste lernen, mit den Phobien so gut wie möglich umzugehen, um für sie eine Hilfe und kein zusätzlicher Stressor zu sein.

In den Tagen danach lasse ich sie nicht allein zuhause, „Freilauf“ kann ich ihr nur an der Schleppleine gewähren, allerdings sind unsere Gassirunden eh kurz und auf das Nötigste beschränkt.
Auch mein Alltag ist stark reduziert und um sie herum organisiert und spielt sich meistens in vertrauten Umgebungen ab.

Und draußen beginnen wir gefühlt wieder ganz nahe Null:
Die Spaziergänge werden peu à peu länger, stress- und angstfreier, die Aktivitäten wieder mehr und Futter kann auch wieder besser angenommen werden. Trotz allem bleibt sie vermehrt stehen, ein Verhalten, welches unsichere, ängstliche Hunde oft zeigen, um die Situationen ein- und abschätzen und darauf reagieren zu können (
5F's: freeze, flight, flirt, fight, faint) – akustisch, visuell und nicht zu verachten olfaktorisch. Die Hundenase ist für Gerüche, wie die eines kürzlich gezündeten Böllers sehr sensibel. Also Stop and Go statt lockeren Trabens.

Die Ungewissheit, dass jede Sekunde doch noch irgendwo ein Knall auftritt, begleitet uns noch einige Tage und ist noch an der geduckten, sehr aufmerksamen und vorsichtigen Körperhaltung zu erkennen.

Jetzt ist es jedoch wieder möglich, zuhause für Auslastung und Beschäftigung zu sorgen, damit Frust und Unzufriedenheit nicht noch dazu kommen.

Mit jeder Stunde mehr ohne Feuerwerksgeräusche kehren wir schneller und gelassener zur Normalität zurück.

"Vertrauen ist das Gefühl, einem Menschen sogar dann glauben zu können, wenn man weiß, dass man an seiner Stelle lügen würde."

(Zitat: Henry Louis Mencken)

Wir hoffen, dass auch ihr langsam wieder zur Normalität zurückfinden könnt und wünschen allen nochmal ein gesundes und glückliches neues Jahr!

Lebens- bzw. Entwicklungsphasen unserer Hunde

Die Entwicklungsphasen im Kurzüberblick:

1. und 2. Lebenswoche: neonatale / vegetative Phase

3. Lebenswoche: Übergangsphase

4. bis 12. Lebenswoche: Sozialisierungsphase

Ca. 4. Lebensmonat: Juvenile Entwicklungsphase

Ca. 6 bis 12. Lebensmonat: Adoleszente Phase (Geschlechtsreife / Reifephase)

Ab 3. bis 4. Lebensjahr: Adulte Phase

Im Laufe der Entwicklungsphasen von Welpen und Junghunden (bis zum 2. bis ca. 2,5 Lebensjahr) kommt es immer wieder zu sogenannten "Spooky periods".

Was genau das zu bedeuten hat und woraus diese resultieren, habe ich Euch auf einem Infoblatt beschrieben. Dieses könnt ihr gerne hier downloaden.

Hundespiel - Spielen will gelernt sein

Eine Frage aus dem letzten Social Walk hat mich nachdenklich gemacht...

Es ging um das Thema Hundespiel in Bezug auf die Sozialisierung von Hunden in einer sogenannten "Raufergruppe".

Ich selber biete weder eine reine Spielgruppe noch eine Raufergruppe an, denn es ist in solchen Gruppen fast unmöglich, die Körpersprache aller anwesenden Hunde gleichzeitig zu lesen und sich auf Hund und Mensch voll und ganz zu konzentrieren.

Die Körpersprache im Hundespiel ist oft sehr übertrieben & facettenreich, wird  blitzschnell gezeigt und gewechselt, dass es nicht immer möglich ist, alles gleichzeitig zu sehen, zu erkennen, zu erklären und einzufangen.

Trotzdem lasse ich das Spielen in den Kursen und Social Walks gerne zu, wenn es zwischen einzelnen Hunden passt, denn spielen fördert durchaus die Sozialisierung & Weiterentwicklung der Hund-Mensch-Teams, soll Spaß machen und für alle eine willkommene Abwechslung zwischen den Übungseinheiten sein. 

Dadurch lernen die Hundemenschen bei jeder Spieleinheit, die subtilen, aber klaren körpersprachlichen Anzeichen ihres, aber auch der anderen Hunde zu lesen.

Für den Alltag eine essentielle Grundlage, um einschätzen zu können, ob andere und auch mein Hund überhaupt spielen können und möchten. So lassen sich Konflikte, Diskussionen, negative Lernerfahrungen und im schlimmsten Fall Verletzungen besser vermeiden.

 

Zurück zur Frage und meiner Antwort darauf:

Ist eine Raufer-Gruppe gut für die Sozialisierung von noch nicht (ausreichend) sozialisierten Hunden oder Hunden mit bereits negativen Erfahrungen und aggressiven Verhalten in Hundebegegnungen sinnvoll (die meisten tragen hier wohl auch Maulkorb)? 

In meinen Augen nicht...

Denn ich schließe es aus, dass ein Hund, der auf andere Hunde gestresst und aggressiv reagiert, in einer Gruppe freilaufender, teils maulkorbtragender Hunde, mit gleichen Schwierigkeiten, einen gesunden und positiven Lerneffekt vermittelt bekommt.

Was kommt da (sprichwörtlich) auf meinen Hund zu?
Es wird im Freilauf (eingezäuntes Gelände) den Gefühlen freien Lauf gelassen... Hunde, die mit Aggression auf andere reagieren, dürfen ihrer Aggression somit auch freien Lauf lassen...  Auch wenn zwischendurch eingegriffen wird...

Dieses Verhalten wird doch aber im Alltag von uns Menschen nicht gewünscht, oder? 

Der eine Hund lernt am Erfolg, dass ängstlichere / unsichere Hunde auf Distanz gehen und ausweichen und noch mehr von der Situation eingeschüchtert werden.

Dies begünstigt und verstärkt das unerwünschte (aggressive) Verhalten weiter.
Bei ängstlichen / unsicheren Hunden verstärkt es die Angst, da sie wiederholt die Lernerfahrungen machen, dass die Bezugsperson weder hilft aus der Situation zu kommen, noch eingreift und Schlimmeres verhindert, und andererseits fördert dies ein aggressives Verhalten, um den für sie angstauslösenden Reiz abzuwehren, sich somit selbst zu schützen und sich in Sicherheit bringen zu können.

Und schon befindet man sich in einem Teufelskreis:

Unsere Fellnasen zeigen vermehrt und womöglich standardisiert ein intensiveres Aggressionsverhalten, um ihre Sicherheitsbedürfnisse erfüllen und  durchsetzen zu können.

Aus lerntheoretischer und verhaltensbiologischer Sicht ist dieser Trainingsansatz weder schlüssig noch sinnvoll.

Was hier auf der Strecke bleibt ist die Lernerfahrung, eine ruhige, souveräne und soziale Kompetenz gegenüber fremden Hunden zu entwickeln. Sie sammeln lediglich die Erfahrungen, dass sie ihre Aggression noch intensivieren müssen um Erfolg zu haben.


Zwar wird in solchen Trainingseinheiten auch (zunächst von Trainer:innen) eingegriffen, allerdings ist die Eskalation da bereits im vollen Gang.

Sinnvoller ist es doch, unseren Hunden in ruhigen Situationen die Möglichkeit zu bieten, sich mit einzelnen Hunden bekannt zu machen und hier die Hundemenschen intensiv in der Körper-Sprache Hund zu schulen.  

Denn Hundetraining ist ein ganzheitliches, gemeinsames Lernen, wodurch sich das Hund-Mensch-Team kennen und verstehen lernt, Vertrauen und Sicherheit aufbaut, ohne alleine in einer Konfliktsituation ausharren zu müssen.

Wir dürfen niemals vergessen, dass unsere vierbeinigen Begleiter eine andere, fremde Sprache sprechen und umgekehrt genauso. Unsere Hunde sind Profis im Lesen unserer Körpersprache und verstehen auch sehr schnell unsere Worte, wenn wir ihnen diese richtig beibringen.

Unsere Aufgabe und Verantwortung ist es, gemeinsam und harmonisch miteinander zu leben und zu kommunizieren.

Welche körpersprachliche Merkmale unser Hunde senden, wie Eskalation sich langsam entwickelt und wann das Hundespiel kippt und zum Konflikt wird, könnt ihr anhand der Checkliste im unteren Button downloaden. 

Wie bereits erwähnt ist es auch für uns Hundetrainer:innen eine Herausforderung, jedes noch so kleine Detail in der Körpersprache zu sehen. Achten wir aber präzise schon von Beginn an auf die Kommunikation unseres Hundes, können wir nach und nach besser verstehen lernen, ob das Hundespiel überhaupt gewünscht ist und (noch) Spaß macht.

Im Zweifel ist es immer das Beste, auf Eurer Bauchgefühl zu hören.

Fühlt ihr Euch auch nicht wohl, so könnt ihr Euch auch nicht optimal auf die Situation einlassen.

Fazit:

Spielen ist eine tolle Sache, wenn es ausgeglichen und fair bleibt. 
Spielen will und kann gelernt werden, damit es auch in Zukunft Spaß statt Konflikte bringt.

Denn:

Die schönste Sprache ist nonverbal - man lernt sie durch Empathie und Vertrauen und spricht sie mit dem Herzen!

Warum Knurren Kommunikation ist und  Rüdelführer und  Dominanz Unsinn sind 

Leider halten heute noch viele Menschen und Hundetrainer:innen an der Vorstellung fest, der Hund, der mich anknurrt, möchte mir den Rang streitig machen, möchte den Menschen dominieren.

Auch das Ziehen an der Leine, die Ressourcenverteidigung oder das Anspringen sollen ein klares Dominanzverhalten ausdrücken. 

 

Bei Wikipedia wird Dominanz wie folgt beschrieben:

"Unter Dominanz versteht man in der Biologie und in der Anthropologie, dass ein Individuum oder eine Gruppe von Individuen gegenüber einem anderen Individuum bzw. einer Gruppe einen höheren sozialen Status hat, worauf letzteres unterwürfig reagiert. Das Gegenteil von Dominanz ist Unterwürfigkeit bzw. Subordination / Submissivität." Biologisch betrachtet schreibt Wikipedia:

"...Dominanz ist immer beziehungsspezifisch und ist zeit- und situationsabhängig."

Zum Beispiel in  Situationen, in der ein Tier stärker motiviert (z.B. hungriger) ist, wodurch seine Chancen, eine Auseinandersetzung um Futter zu gewinnen, extrem gesteigert sind.

Wenn sich im Restaurant jemand vordrängelt, wir aber Hunger haben und auf einen Tisch warten, reagieren wir dann dominant oder einfach nur auf das unmögliche Verhalten des anderen, und kommunizieren dies verbal und körpersprachlich.

Und es gibt Momente oder Aufgaben, in denen bestimmte Individuen besser abschneiden, weil sie darin begabter sind, in anderen jedoch scheitern (Talent & Defizit).

 

 

Mittlerweile weiß man, dass Wölfe in einem Familienverband leben, bestehend aus den Eltern und den eigenen Nachkommen der vergangenen 1-3 Jahre, welche bei der Aufzucht der weiteren Nachkommen helfen und später abwandern, sich mit einem "fremden", nicht familieneigenen Artgenossen paaren. 

Klingt ziemlich menschlich, oder?

In einer Familie werden essentielle Aufgaben auch so verteilt, dass sie von demjenigen auch wirklich ausgeführt werden können, welches dafür die bestmöglichen Fähigkeiten bzw. zeitlichen Verfügbarkeiten hat.

So gebe ich meinem Kleinkind auch keine Ohrfeige, wenn es die Spülmaschine nicht (richtig) einräumen kann, sondern unterstütze es bis es klappt!

Ein Welpe jedoch wird am Halsband geruckt oder zu Boden gedrückt, weil er seine Begeisterung für die anderen Hunde nicht verbergen kann, aber aus diesem Grund (noch) nicht auf den Menschen achtet, statt ihm für solche Situationen ein gewünschtes (Alternativ-)Verhalten beizubringen.

Muss es immer mit Gewalt zugehen? Nein!

 

Und die Streitigkeiten um den Rang sind auf die Beobachtungen von Gehegewölfen zurück zu führen. Bei freilebenden Wolfsfamilien gibt es diese nicht. (Mech, 1999).

 

Ethiologisch betrachtet ist der Rudelführer jenes Tier, welches das Rudel auf einer Wanderung führt.

 

Hundetraining oder der tägliche Umgang, welcher die Kommunikation (z.b. Knurren) verbietet und bestraft, schadet der Hund-Mensch-Beziehung erheblich und führt langfristig zu weiterem Problemverhalten, was im schlimmsten Fall in einem Beissvorfall endet.

Auch das Rucken an der Leine, um das Ziehen zu korrigieren hat absolut keinen Sinn und Lerneffekt (auf das eigentliche Ziel, nicht mehr zu ziehen bezogen). 

Der einzige Effekt einer aversiven, " dominanten" Erziehung ist der, dass Frust, Angst und gesundheitliche Probleme entstehen. 

 

All dies lehne ich strikt ab, denn aus eigener Erfahrung weiss ich, dass der Schlüssel zu einer harmonischen Beziehung dieser ist, sich gegenseitig zu respektieren und vor allem, die Sprache des anderen zu lernen, zu verstehen und letztendlich auch zu sprechen. 

 

Die schönste Sprache ist nonverbal! Man lernt sie durch Empathie und Vertrauen und spricht sie mit dem Herzen 

 

Zum Thema Knurren und "Rudelführer" habe ich Euch jeweils ein Dokument zum downloaden bereitgestellt:

Leinenführung - eines der wichtigsten, aber auch anspruchsvollsten Aufgaben 

Entspannt Hand in Hand oder:
Warum mein Hund (noch) an der Leine zieht...


Wenn es mit der Leinenführigkeit noch nicht klappt, ist ein Spaziergang immer
anstrengend, frustrierend und konfliktbehaftet.
Dabei soll es doch entspannt und ein gemeinsames Erlebnis sein…


Was sind eigentlich die Gründe dafür und was sollten wir verändern?
Was heißt eigentlich Leinenführigkeit?

Was es nicht bedeutet: Während des gesamten Spaziergangs „bei Fuß“ zu
laufen! Dies wenden wir in schwierigen Situationen an, um kurze Strecken zu
überwinden und Sicherheit in bestimmten Momenten zu geben. Und hat hier
wenig mit locker an der Leine laufen zu tun…
Eine lockere Leine bedeutet, dass mein Hund einen bestimmten Umkreis um
mich herum hat, um seinen Bedürfnissen nachgehen zu können. Das Ende der
Leine hat er sozusagen in der Hand, das muss ich jedoch erstmal meinem Hund
beibringen.


Doch es gibt noch so viel mehr, was wir gemeinsam lernen müssen, um
entspannt, Hand in Hand, laufen zu können:


1. Wir legen einen realistischen Leinenradius fest, in dem sich unser
Hund frei bewegen kann.
2. Wir zeigen ihm was das Leinenende bedeutet und was er machen
sollte.
3. Unter Ablenkung soll dies auch so bleiben


Die möglichen Gründe für Ziehen an der Leine:


1. Jede Limitierung bringt Frust mit sich, und Unzufriedenheit ist ein
schlechtes Gefühl. Wir alle möchten Frust vermeiden und versuchen
alles, um aus solch einer Situation zu entfliehen oder diese zu
überwinden: Zug auf der Leine entsteht!
2. Aversives Einwirken mit der Leine (Leinenruck, Schläge , Leine
zusätzlich unter dem Bauch wickeln usw.) löst Unbehagen aus. Unsere

Nähe wird zur unangenehmen Schmerzzone und durch Meideverhalten gemieden
~ ziehen an der Leine um Abstand zu gewinnen.
3. Um mit der Leine eine Komfortzone zu schaffen, benötigen wir dafür
eine Länge, die Komfort bieten kann.
1-2 Meter können dies nicht ~ besser: 3-5 Meter wählen
4. Stress verhindert Impulskontrolle und Selbstregulation! Wer schnell
läuft, denkt weniger nach, reagiert aber schneller.
5. Das Leinentraining benötigt viel Geduld, Zeit, Selbsteinschätzung und
auch mal Rückschläge. Kann ich nach einem anstrengenden,
stressigen Tag überhaupt entspannt mit und an der Leine laufen? An
solchen Tagen müssen wir noch mehr unsere Impulse unter Kontrolle
halten und die Frustrationsgrenze ist oft sehr niedrig.
6. Gesundheitliche, körperliche und/oder seelische Probleme
beeinträchtigen die Leinenführigkeit enorm und äußern sich beim
Hund, wie auch beim Menschen, immer über Verhalten. Ein
medizinischer Check ist daher unumgänglich, sollte das Training keine
Früchte tragen.

Die Ursachen haben gemeinsam, dass es dabei um das Wohlbefinden deines
Hundes geht. Daher sollten wir als Mensch vor allem dafür sorgen, dass die
Leine für den Hund etwas Schönes ist und dass es Spaß macht, an der Leine zu
laufen. Das bedeutet, dass wir den Hund für die lockere Leine belohnen, dass
schöne Dinge im Leinenradius passieren und dass wir auf negative Einwirkung
über die Leine verzichten. Aber auch die Gestaltung des Spaziergangs hat
einen erheblichen Einfluss auf das Wohlbefinden deines Hundes und damit auf
seine Leinenführigkeit.
An der Leine laufen ist für mich wie Hand in Hand spazieren gehen! Fühle ich
mich nicht wohl, wenn und vor allem wie jemand meine Hand hält, zeige auch
ich dies über Verhalten. Ich lasse die Hand lös, halte Abstand und im
schlimmsten Fall reise ich mich los. Druck erzeugt immer Gegendruck.
Es soll doch beiden Spaß machen. Deshalb belohnen wir die lockere Leine (zu
Beginn hochfrequentiert durch unser Lobwort z.b.), wir bestätigen unserem
Hund dadurch, das richtige Verhalten und machen das an der Leine laufen
angenehm. Ein Leinenruck oder andere gewaltsame Verhaltensweisen haben
keinerlei Lerneffekt und bringen nur Angst und Unwohlsein mit sich.


Welches Equipment brauchen wir für unser Leinentraining?
 

1. Ein gut sitzendes und gepolstertes Y- oder X-Geschirr verteilt den
Druck gleichmäßiger und verursacht keine Schmerzen wie ein
Halsband (sensible Strukturen wie Luftröhre können geschädigt

werden, Verspannungen im Nackenbereich führen widerum zu Unwohlsein/Schmerzen). Norweger Geschirre schränken die Bewegungsfreiheit der
Schultern ein und machen Laufen unangenehm.
2. Um den Radius toll zu markern und als Komfortzone zu verknüpfen,
können wir beim Leinentraining immer auf Futterbelohnung und ein gut
aufgebautes Markersignal zurückgreifen. Wir fangen damit das
erwünschte Verhalten ein und verstärken dies.
3. Bedürfnisse wie schnüffeln, markieren, wälzen u.v.m. möchten erfüllt
sein. Eine Schleppleine ist hierfür eine gute Möglichkeit. Es führt zu
weniger Stress, Konflikten und Frust, da eine relativ freie Bewegung
ermöglicht wird und der Mensch nicht bei allen Beschäftigungen in
unmittelbarer Nähe steht.

Warum der Mensch oft ein Stressor an der Leine ist:


1. Permanentes rucken und Zerren sorgt dafür, dass die Leine ein
ständiger negativer Reiz ist. Ob aus Unsicherheit, Angst die Kontrolle
zu verlieren oder mangelnder Kommunikation und Wissen: Der
Mensch erzeugt die Spannung
2. Geduld und kleinschrittige, erfolgreiche Übungseinheiten sind der
Schlüssel zum Erfolg. Wir kommen auch nicht auf die Welt und können
laufen!
3. Hunde nehmen die Welt mit ihrer Nase wahr. An jeder Ecke , rechts,
links vorne und hinten sind Informationen und Nachrichten anderer
verstreut. Je nach Attraktivität möchten all diese erkundet,
kommuniziert und verarbeitet werden.


Was wir Menschen nicht sehen und riechen können, existiert oft nicht
für uns und dadurch ziehen wir unseren Vierbeiner des Öfteren weiter,
obwohl das Erkunden noch gar nicht abgeschlossen war.

Fazit:

Wenn wir die Welt mehr durch Hundeaugen sehen, werden wir
feststellen, dass wir uns sehr ähnlich sind. Einer unangenehmen
Situation werden wir genauso ausweichen wie unser Hund.
Ablenkungen bringen auch uns oft von unserem Weg ab (am Ende des
Einkaufs liegt doch meistens mehr im Wagen als auf dem Zettel
stand…). Mit Gewalt und Druck erreichen wir nur Gegenwehr. Warum
nicht einfach mal mehr den Fokus auf das Richtige legen?
Zu diesem Thema gibt es wieder einen Workshop!

 Mehr dazu findet ihr hier.

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